Bio ist mittlerweile in aller Munde: vom kleinen Bioladen um die Ecke über die Biosupermärkte die regional oder deutschlandweit filialisieren hin zum konventionellen Supermarkt (LEH) findet man überall fast alles, was es an Bioprodukten gibt. Die Befürworter dieser Entwicklung argumentieren, dass Bio kein Exklusiv- Produkt für Besserverdiener sein darf: „Bio für alle“ sei das Ziel.
Was ist die Folge dieser Entwicklung? Die erste und spürbarste ist der Preisdruck, der durch den Einstieg des LEH noch einmal ganz andere Dimensionen erreicht hat. Waren es vorher die Biosupermärkte, die den Preisdruck für die kleinen Bioläden erzeugten, haben wir nun einen LEH der Biosupermärkte und Bioläden gleichermaßen unter Druck setzt. Woher kommt dieser Druck?
Große Strukturen haben gegenüber kleinen Strukturen Effizienzvorteile: in einem 120 Quadratmeter großen Bioladen sind nur unwesentlich weniger Beschäftigte zu finden als in einem Biosupermarkt mit 400 oder 600 Quadratmeter Fläche. Zudem sind sowohl Biosupermärkte als auch der LEH vertikal integriert, das heißt, sie bezahlen keinen Großhändler als Zwischenhändler weil sie diese Aufgabe selbst übernehmen. Außerdem stellen sie Eigenprodukte her, die weitere Wertschöpfungsgewinne auf die Seite der Händler ziehen.
Nun könnte man ja argumentieren, dass diese Entwicklung gut für den Konsumenten sei: die gleichen Produkte für weniger Geld zu erhalten ist ja schon ein Schritt in die richtige Richtung. Man kann das Ganze aber auch anders sehen: wenn wir hochwertige Lebensmittel herstellen wollen, müssen diese auch einen entsprechenden Preis erzielen können: tun sie das nicht, verändert sich die Qualität.
Am Beispiel der Milch kann man das gut sehen: jeder ist dafür, dass Kühe auf der Weide grasen und ihre Kälber säugen dürfen und einige wären auch bereit, dafür mehr zu bezahlen. Wer einmal Heumilch getrunken hat tut sich schwer, wieder auf die herkömmlichen Varianten zurückzugreifen, trotzdem ist „Heumilch“ -also Milch von Kühen die ohne Silage gefüttert werden- kaum zu finden: warum ist das so?
Für die Milchbauern sieht die Situation folgendermaßen aus: wenn ich meine Kühe jeden morgen auf die Weide bringe und jeden Abend wieder hereinhole kostet das richtig viel: ich brauche ausreichend Flächen und Mitarbeiter und für diesen Einsatz bekomme ich im Moment keinen Aufpreis auf mein Produkt. Dass das nicht funktionieren kann leuchtet sicher jedem ein.
Natürlich gibt es immer noch Milchbauern, die diesen Aufwand dennoch betreiben aber es gibt auch etliche, die das gerne würden es sich aber schlicht nicht leisten können. Es stellt sich also die Frage, warum trotz Nachfrage nach Heumilch der Preis sich nicht nach oben anpasst. Diese Frage lässt sich nur über die Subventionspraxis erklären: Milch ist ein extrem subventioniertes Produkt bei dem keinerlei marktwirtschaftliche Preisbildung mehr greift. Die Preise werden willkürlich politisch gesetzt: am Liebsten richtig niedrig damit es sich jeder leisten kann -mit der Folge, dass immer wieder viel zu viel Milch produziert wird. Die Subventionen bevorzugen große Betrieb vor kleinen weil diese effizienter arbeiten: Was heißt aber Effizient im Zusammenhang mit der Landwirtschaft? Produziere mehr in kürzerer Zeit mit weniger Einsatz: Böden werden intensiver bewirtschaftet, Flächen für Viehhaltung mit mehr Tieren besetzt, Der Milchertrag durch Zucht und Futter erhöht, Schlachttiere in kürzere Zeit zu höheren Gewichten gefüttert… die Folgen kennen wir alle.
Wenn wir eine bessere Welt wollen müssen wir über unsere Definitionen von Effizienz und Wertschätzung nachdenken: 70% der global erzeugten Lebensmittel werden von Kleinbauern erzeugt. Diese Kleinbauern ernähren uns unter wirtschaftlich schwierigen Bedingungen und wir verschärfen ihre Probleme durch unsere Subventionspraxis. Ich würde mir wünschen, dass wir sofort damit aufhören, die Falschen zu unterstützen: Wir alle sollten bei jeder Gelegenheit unserer Wertschätzung für die Kleinen Ausdruck verleihen indem wir ihre Produkte kaufen und sie damit unterstützen.