Gutes Essen: eine Frage der Kultur

Essen und Nahrungsmittel werden heute oft medial erhöht und zum Kult erhoben, gleichzeitig sieht die Realität der Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung sehr prosaisch aus weil sie sich streng an den ökonomischen Gesetzen orientiert. Diese Doppeldeutigkeit ist ein Bild für unsere eigene Zerrissenheit in der Frage: „was esse ich?“: befragt man die Menschen, geben eine Mehrzahl an, dass sie mehr Geld zahlen würden für z.B. mehr Tierwohl – an der Kasse entscheiden dann aber die ökonomischen Instinkte und das günstigere Produkt mit der zweifelhafteren Herkunft siegt meistens. Warum ist das so? Die meisten von uns sind sich der Bedeutung unserer Ernährung bewusst: für uns selbst, für unsere Gesundheit aber auch für den Planeten. Andererseits orientieren wir unser Wertesystem zunehmend und fast ausschließlich an ökonomischen Gesetzen weil es scheint, nur diese seien rational. Wenn es darum geht, ein paar Cent mehr für bessere Tierhaltung auszugeben, wird das ökonomische Denken aktiviert und stellt Fragen wie: „können diese paar Cent wirklich einen Unterschied bewirken?“ oder „woher weiß ich, dass es den Tieren wirklich besser geht?“. Hier werden also Vertrauensfragen gestellt und nicht immer positiv beantwortet.

Abseits von diesen rein auf den Markt bezogenen Fragen gibt es aber noch eine andere, oft übersehene Komponente: Essen ist auch ein Kulturgut. Die Kultur spiegelt wider, wo wir herkommen, wer wir sind und wer wir sein wollen. Wenn wir Anbau, Aufzucht und Verarbeitung nur noch als Puzzlestücke gestalten die möglichst nahtlos ineinandergreifen erzeugen wir am Ende Produkte, die keine Seele haben. Nirgendwo wird dies grausamer ersichtlich als in der Tierhaltung, es entfaltet seine unheilvolle Logik aber auch beim Brot wo aus Getreide, welches für die optimale maschinelle Verarbeitung gezüchtet wurde am Ende Produkte stehen, die für viele kaum mehr zu verdauen sind. Durch die Logik der Ökonomie erzeugen wir eine Überfülle die uns dennoch nicht nährt und beim Rest des Planeten Schäden verursacht.

Das Wort „Kultur“ stammt vom lateinischen cultura und bezeichnete hier im weitesten Sinne alles, was der Mensch selbstgestaltend hervorbringt, im Unterschied zu der von ihm nicht geschaffenen und nicht veränderten Natur. Im engeren Sinne wurde es aber auch als Bezeichnung für den Ackerbau verwendet, was sich im heutigen Wortgebrauch widerspiegelt wenn wir sagen, dass wir den Boden kultivieren. Kultur ist das, was uns als Menschen ausmacht und nichts ist uns näher als der Anbau, die Verarbeitung und das Zu- uns- nehmen von Nahrungsmitteln. Die Schönheit der Kulturlandschaften in der Schweiz, in Irland oder in Asien berührt uns unmittelbar. Das zeugt von unserem Sinn, Erfüllung in der die Verbindung von Schönheit und Nahrung zu finden. Nahrungsmittel verbinden uns mit der Natur, sie formen unseren Körper und ermöglichen komplexes Leben durch die Interaktion von Außen und Innen.

Es gibt Menschen, die setzen sich ein für ein kultiviertes Miteinander von Menschen und Nichtmenschen, sie arbeiten als Milchbauern, in handwerklichen Käsereien und Bäckereien. Sie stehen auf dem Wochenmarkt oder in ihrem kleinen Bioladen und versuchen, die Welt ein kleines Stückchen besser zu machen. Wir sind angewiesen auf Kunden, die das honorieren, die wertschätzen das wir unser Bestes geben. Danke, dass ihr das immer wieder tut!

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