Wer frisches Gemüse kauft kennt sie: die Handelsklassenbezeichnung. Diese sollen dem Verbraucher erleichtern, eine sachgerechte Wahl zwischen unterschiedlichen Qualitäten zu treffen -wobei Qualität hier wohlgemerkt eine rein optische Angelegenheit ist: Größe, symmetrische Form, angemessener Krümmungsgrad. Gleichzeitig wird damit ein Anreiz für die Anbieter gesetzt, Obst und Gemüse nach festgelegten Gesichtspunkten EU- weit gleichförmig herzustellen. Die Gleichförmigkeit ist zudem wichtig für die industrielle Ernte und Verarbeitung: da die Maschinen nur mit Normwerten gut umgehen können, muss sich das Gemüse eben anpassen. Nur: wie macht man das? Und ist das auch im Bio- Bereich so?
Die meisten Landwirte und Gemüsebauern greifen auch im Biosegment auf Hybridsaatgut zurück welches für den Anbau möglichst gleichförmiger Gemüse geeignet ist. Noch einen Schritt weiter geht die CMS- Technologie, welche Saatgut praktisch klont um so völlig identische Früchte zu erzeugen: beliebt ist CMS- Saatgut bei Brokkoli und Blumenkohl. Ob die CMS- Technologie als Genmanipulation eingestuft wird ist derzeit noch umstritten: solange darüber diskutiert wird, ist es im Bioanbau grundsätzlich zugelassen, nur Demeter und Bioland untersagen es ihren Vertragspartnern, CMS- Saatgut einzusetzen.
Was nun bei der Ernte nicht den Normvorstellungen von Kunden, Erntemaschinen und Verarbeitungsanlagen entspricht wird wieder untergepflügt oder landet irgendwo auf dem Weg zum Konsumenten in der Tonne. Im Bioladen findest Du manchmal lustige oder besonders leckere Exemplare dieser „Ausschussware“: lustig gekrümmte Gurken oder besonders süße Nektarinen mit Schorf – der Schorf entsteht durch den Zuckerüberschuss der Frucht und ist eher ein Qualitätsmerkmal denn ein Mangel.
Und manchmal findet man eben auch Produkte die aus der Not eine Tugend macht: so zum Beispiel das Kürbisketchup von Georg Thalhamer welches aus Kürbissen zweiter Wahl produziert wird. Wer also findet, dass Konformität langweilig ist sollte auch beim Obst- und Gemüsekauf lieber auf Charakter statt einheitliches Äußeres setzen: geschmacklich wird man für diesen Mut meistens belohnt.